§ 14 Abs. 2 Satz 1 AuslG eingeräumten Ermessen überhaupt keinen Gebrauch gemacht hat (a.A.: BVerwG v. 19.03.96, NVwZ-RR 1997, 317 zum gleichlautenden Art 26 Staatenlosenabkommen; VG Osnabrück, InfAuslR 2000, 149; VG Braunschweig, InfAuslR 2002, 127; VG Dresden, InfAuslR 2002, 242).
Bei den Auflagen handelt es sich um Wohnsitzbeschränkungen i.S.d. § 14 Abs. 2 AuslG und nicht um räumliche Beschränkungen gem. § 12 Abs. 1 AuslG. Letzteres würde bedeuten, dass die Kläger den ihnen zugewiesenen räumlichen Bezirk nicht verlassen dürfen. Eine solche Beschränkung wollte der Beklagte aber nicht erlassen, er hat den Klägern nur auferlegt, ihren Wohnsitz in einem bestimmten Landkreis zu nehmen und zwar aus Gründen des Sozialhilfebezugs (Weisung des IM Bayern vom 01.09.99). Somit sind Kläger zwar in ihrer Wohnsitznahme beschränkt, jedoch nicht in ihrer Bewegungsfreiheit innerhalb Deutschlands.
Die Auflagen als selbständige Nebenbestimmungen können als Verwaltungsakte selbständig angefochten werden (Art 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG, vgl. auch § 44 Abs. 6 AuslG).
Die Auflage verstößt gegen Art 26 GK i.V.m. Art 6 GK. Unstreitig sein dürfte vorliegend, dass die GK durch das deutsche Zustimmungsgesetz zwar nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes hat, allerdings, da es speziell die Belange von anerkannten Flüchtlingen regelt anderen ausländergesetzlichen Regelungen insoweit vorgeht. Art. 26 gilt "vorbehaltlich der Bestimmungen, die allgemein auf Ausländer unter den gleichen Umständen Anwendung finden", Art 6 definiert diese "gleichen Umstände". Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, was rechtlich theoretisch möglich ist, Vergleichsmaßstab ist vielmehr die tatsächliche Praxis des jeweiligen Konventionsstaates. Die Verbindung von Wohnsitzauflage und Sozialhilfebezug gilt in der Praxis für Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis aufgrund §§ 30, 32 und 51 Abs. 1AuslG. Aufenthaltsbefugnisse nach §§ 30 und 32 werden bei Sozialhilfebezug in der Praxis jedoch nicht erteilt (vgl. Altfall- bzw. Härteregelungen von 1996, von 1999, und für jugoslawische und bosnische Flüchtlinge von 2001). Im Ergebnis treffen die wohnsitzbeschränkenden Auflagen nur anerkannte Konventionsflüchtlinge. Auch aus Rechtsgründen handelt es sich um keine geschlossene Gruppe, weil Aufenthaltsbefugnisse nach §§ 30 und 32 nach Ermessen erteilt werden, bei Konventionsflüchtlingen nach § 51 /§ 70 AsylVfG aber ein Rechtsanspruch besteht. Eine Praxis, nach der bei anderen zeitlich befristeten Aufenthaltsgenehmigungen Wohnsitzauflagen erteilt werden, ist nicht bekannt, obwohl in diesen Fällen der Sozialhilfebezug anspruchsvernichtend sein kann (vgl. z.B. § 7 Abs. 2; §§ 17 und 18 AuslG). Abgesehen davon stellt die Verknüpfung von Sozialhilfebezug und Wohnsitznahme schon deshalb eine Diskriminierung für Konventionsflüchtlinge dar, weil Flüchtlinge in der Regel ihre Heimat Hals über Kopf verlassen müssen und kein Vermögen mitnehmen können und deshalb typischerweise auf Sozialhilfe angewiesen sind, während sich anderen Ausländern bei Mittellosigkeit ein Zuzug bzw. Verbleib verhindern lässt (vgl. §§ 18, 18, 46 Nr. 6 AuslG). Sowohl unter dem Gesichtspunkt des Diskriminierungsverbots als auch unter dem Gesichtspunkt der Nichterfüllbarkeit der Bedingungen verstößt die Auflage gegen Art 26 GK. Insoweit bedarf es nicht des Eingehens auf die Frage, ob die Weisungslage der Beklagten auch gegen Art 23 GK verstößt.
Die Wohnsitzauflage verstößt auch gegen Art. 2 Abs. 1 Viertes Zusatzprotokoll zur EMRK (4. ZP/EMRK):, der lautet: "Jedermann, der sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Staates aufhält, hat das Recht sich dort frei zu bewegen und seinen Wohnsitz frei zu wählen." Nach Art 2 Abs. 3 und 4 4. ZP/EMRK kann dieses Recht eingeschränkt werden. Auch hier vertritt das Gericht die Auffassung, obwohl es sich beim ZP/EMRK nur um innerstaatliches Recht im Range eines Bundesgesetzes handelt (Zustimmungsgesetz v. 09.05.68, BGBl II 1968, 422), abgesehen von seinem völkerrechtlichen Charakter dieses als speziellere Regelung in Bezug auf Freizügigkeit für jedermann dem Ausländerrecht vorgeht.
Aus der Weisungslage des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen die freie Wahl des Wohnsitzes für Konventionsflüchtlinge wie den Kläger eingeschränkt wird. Das Gericht kann insoweit nicht überprüfen, auf welche nach Art. 2 Abs. 3 und 4 ZP/EMRK zulässigen Rechtseinschränkungen die Beklagte sich generell oder im vorliegenden Einzelfall beruft. Rückschlüsse lassen sich nur aus einer Anlage zum Schreiben des Bundesinnenministeriums v. 21.03.01 an die Länderinnenministerien, wonach Anlass der Auflage die gleichmäßige Verteilung von Sozialhilfelasten und Folgekosten und die Vermeidung der Entstehung von Problemgebieten in bestimmten, beim Zuzug bevorzugten Gebieten sein soll, und insoweit in einem angemessenen Verhältnis zur Erreichung des Zwecks, die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten stehen und daher mit Art. 2 Abs. 3 ZP/EMRK vereinbar seien. Diese Auffassung teilt das Gericht nicht.
Vorab ist festzuhalten, dass das Gericht nicht der Auffassung des BVerwG in seinem Urteil v. 19.03.96 zum gleichlautenden Art 26 Staatenlosenabkommen (NVwZ-RR 1997, 317) folgt, , wenn darin festgehalten wird, dass eine Berufung auf Art 2 4. ZP/EMRK für Personen nicht möglich ist, deren Aufenthaltsbefugnis bereits eine Wohnsitzbeschränkung enthält, weil rechtmäßig nur der bereits eingeschränkte Aufenthalt sei. Mit dieser Auslegung wird das Verhältnis von Regel (Freizügigkeit, Art 2 Abs. 1 4. ZP/EMRK) und Ausnahme (Einschränkung nach Art 2 Abs. 3 4. ZP/EMRK) geradezu auf den Kopf gestellt. Im Ergebnis wären Freizügigkeitsbeschränkungen für Ausländer generell möglich und Art 2 4. ZP/EMRK würde leerlaufen, da für Inländer Freizügigkeitsbeschränkungen nur sehr schwer, in der Regel nur im strafrechtlichen Verfahren möglich sind. Aus Art 2 und 6 4. ZP/EMRK lässt sich aber eine generelle Ermächtigung für eine derartige Ungleichbehandlung von In- und Ausländern nicht herleiten.
Art 2 Abs. 3 4. ZP/EMRK bestimmt, dass Einschränkungen der Freizügigkeit nur verfügt werden dürfen, wenn sie gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft zu den in Art 2 Abs. 3 4. ZP/EMRK genannten Zwecken, hier also zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, erforderlich sind. Konkrete (und nicht nur abstrakt drohende) Gefahren der im genannten Schreiben des BMI v. 21.03.01 genannten sind nicht festzustellen. Das würde voraussetzen, dass es sich bei Konventionsflüchtlingen mit Sozialhilfebezug um ein Massenphänomen mit allen damit verbundenen Folgen für bestimmten Bundesländer oder Kommunen handelt, und dass deren Verteilung tatsächlich unter Prüfung der genannten Kriterien vorgenommen wird. Die vorliegenden Zahlen des BAFl belegen dies nicht. Die Anerkennungsquoten sagen überdies nichts dazu aus, wie viele der anerkannten Flüchtlinge tatsächlich Sozialhilfeempfänger waren, auch die Beklagte konnte hierzu keine Zahlen vorlegen. Wenn selbst die Beklagte die unterstellte Gefahrenlage nicht belegen kann, kann nicht ernsthaft behauptet werden, dass die freie Wohnsitznahme der Kläger irgendwo in Deutschland dazu führen wird, dass die öffentliche Ordnung im Hinblick auf Sozialhilfegewährung und Folgekosten an diesem Ort zusammenbrechen würde. Die Verfügung von Wohnsitzauflagen erfolgt regelmäßig an dem Ort, wohin die Antragsteller als Asylbewerber nach dem AsylVfG verteilt wurden. Fragen der finanziellen Leistungsfähigkeit der betreffenden Kommune und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung werden im konkreten Einzelfall bei der Festlegung der Wohnsitzauflage nicht geprüft, sie beruht vielmehr auf eher "zufälligen" Kriterien des AsylVfG.
Schließlich hat die Beklagte nicht von dem ihr nach
Dostları ilə paylaş: |