Eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge ist unzulässig. Entgegen der Auffassung der Ausländerbehörde kommt § 12 Abs. 1 S. 2 AuslG als Rechtsgrundlage nicht in Betracht. Bei der Wohnsitzauflage handelt es sich nicht um eine räumliche Beschränkung der Aufenthaltsgenehmigung. Dies würde bedeuten, dass die Klägerin den zugewiesenen Bezirk nicht verlassen dürfte.
Vielmehr ist der Klägerin nur aufgeben, ihren Wohnsitz im X-Kreis zu nehmen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Klägerin - solange sie Sozialhilfe bezieht - ihren Wohnsitz im X-Kreis beibehält, um zu verhindern, dass die Sozialhilfelasten auf einen anderen Träger übergehen (vgl. VG München InfAuslR 2003, 30). Mit der nach § 14 AuslG möglichen Wohnsitzauflage soll gesichert werden, dass öffentliche Interessen durch den Aufenthalt des Ausländers nicht beeinträchtigt werden (BT-Drs. 11/6321 S. 59).
Vorliegend hat die Ausländerbehörde ermessensfehlerhaft gehandelt, weil sie die rechtlichen Bindungen aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) vom 11.12.53 (BGBl. II 1956, 564) und dem Zusatzprotokoll zu diesem Abkommen vom 11.12.53 (BGBl. II 1956, S. 578) nicht beachtet hat. Nach Art. 1 EFA verpflichtet sich jeder Vertragschließende, den Staatsangehörigen der anderen Vertragschließenden, die sich in irgendeinem Teil seines Gebietes erlaubt aufhalten, in gleicher Weise wie seinem eigenen Staatsangehörigen Leistungen der sozialen und Gesundheitsfürsorge zu gewähren.
Nach Art. 2 des Zusatzprotokolls finden die Vorschriften des EFA auf Flüchtlinge i.S.d. GK Anwendung wie auf Angehörige der Vertragschließenden (BVerwG, U.v. 18.05.00, NVwZ 2000, 1414).
Da Staatsangehörige der BR Deutschland im Falle der Hilfsbedürftigkeit keinen Einschränkungen unterliegen, die an den tatsächlichen Aufenthalt anknüpfen, fehlt es an einer sozialhilferechtlichen Residenzpflicht. Wenn daher die Gewährung von Sozialhilfe an Inländer nicht mit Beschränkungen des Aufenthaltsorts verbunden werden darf, gilt dies auch für Flüchtlinge wie die Klägerin. Die streitbefangene Wohnsitzauflage verstößt daher sowohl gegen Art. 1 EFA i. V. m. Art. 1 und 2 des Zusatzprotokolls als auch gegen Art. 23 GK.
Soweit dem gegenüber vertreten wird, dass das Recht auf Teilhabe an der öffentlichen Fürsorge nicht das Recht auf freie Wahl des Aufenthaltsortes einschließe (VG Dresden, U.v. 07.11.01, ASYLMAGAZIN 4/2002, 39), widerspricht dem, dass sowohl Art. 1 EFA als auch Art. 23 GK ausdrücklich vorsehen, dass die Leistungen dem geschützten Personenkreis unter den gleichen Bedingungen zu gewähren sind.
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