VG Ansbach AN 14 E 00.00044 vom 14.02.2000, InfAuslR 2000, 298; IBIS C1524 Anspruch auf Sozialhilfe für einen in Sachsen anerkannten Konventionsflüchtling, der nach Bayern ungezogen ist, gemäß EFA und dem Zusatzprotokoll zu. Die von der Stadt P. (Sachsen) verfügte Auflage, Wohnsitz im Freistaat Sachsen zu nehmen, ist infolge Widerspruchseinlegung nicht vollziehbar (§ 80 Abs. 1 VwGO).
VG Dessau 3 B 16/00 DE v. 28.02.00, Asylmagazin 5/2000, 33www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/R6003.pdf Sachverhalt: Der als Konventionsflüchtling anerkannte Antragsteller (!) wurde nach seiner Anerkennung und Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom Landkreis Bitterfeld unter Anordnung der sofortigen Vollziehung in den Landkreis Wittenberg umverteilt. Zur Begründung dieser Zuweisung wurde auf § 1 Abs. 1 und 3 Landesaufnahmegesetz Sachsen-Anhalt verwiesen. Gemäß dieser Bestimmung sei ein Ausgleich der Überqoute von anerkannten Konventionsflüchtlingen durch Verteilung auf andere Landkreise bzw. kreisfreie Städte herzustellen. Da der Antragsteller in Bitterfeld weder Wohnung noch Arbeit habe und auch in der Gemeinschaftsunterkunft im Kreis Wittenberg Kontakte zu Landsleuten möglich seien, überwiege das öffentliche Interesse an der quotengerechten Verteilung von nach § 51 AuslG anerkannten Flüchtlingen. Sofortvollzug sei geboten, weil nicht hingenommen werden können, dass durch die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs die quotengerechte Verteilung nicht umgesetzt und der gesetzliche Auftrag nicht erfüllt werden könne. Ein weiterer Verbleib würde zu erhöhten finanziellen Belastungen für den Landkreis Bitterfeld führen.
Der Antragsteller macht geltend, dass das Landesaufnahmegesetz gegen vorrangiges Bundes- und Europarecht verstößt (§ 53 AsylVfG, Art. 26 GK und Art 2 ZP 4 zur EMRK). Seine Freizügigkeit dürfe keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als denen, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Verhütung von Straftaten, des Schutzes der Gesundheit und der Moral und des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig seien. Da von ihm keinerlei konkrete Gefährdung der genannten Rechtsgüter ausgingen, sei die Beschränkung der Wohnsitznahme rechtswidrig.
Gründe: Das Gericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die "Zuweisung" wieder hergestellt. Zweifelhaft erscheint bereits, ob der Antragsgegner eine dem Ausnahmecharakter des Sofortvollzugs Rechnung tragende Begründung (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO) abgegeben hat. Von dem Begründungserfordernis darf nur unter den Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO, also bei sog. Notstandsmaßnahmen - die hier ersichtlich nicht vorliegen - abgesehen werden. Die Anordnung wurde allein auf fiskalische Interessen gestützt, der Anordnung lässt sich jedoch nicht entnehmen, von welchem Gewicht die angeführten fiskalischen Interessen sind. Einen Sofortvollzug können jedoch nur besonders gewichtige fiskalische Interessen rechtfertigen (OVG Nds, DVBl 1986, 1112, 1116, Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn 99). Letztlich bedarf es aber keiner abschließenden Entscheidung darüber, weil jedenfalls gegen die Zuweisung durchgreifende rechtliche Bedenken bestehen.
Die Bestimmungen des Landesaufnahmegesetzes kommen nicht als Rechtsgrundlage für die Zuweisung in Betracht, denn sie regeln ausschließlich das Verhältnis zwischen dem Land und den Kreisen bzw. kreisfreien Städten. Unter welchen Voraussetzungen Personen zur Aufnahme zugewiesen werden können, richtet sich allein nach den die Rechtsstellung des jeweiligen Personenkreises regelnden Spezialgesetzen, insbesondere dem AuslG und dem AsylVfG. Im Fall des rechtskräftig nach § 51 Abs. 1 AuslG anerkannten Antragstellers kommt als Rechtsgrundlage nur das AuslG in Frage. Gemäß § 12 Abs. 1 AuslG wird die Aufenthaltsgenehmigung grundsätzlich für das gesamte Bundesgebiet erteilt. Zwar kann die Aufenthaltsgenehmigung auch nachträglich räumlich beschränkt werden. Fraglich ist aber bereits, ob die Zuweisung nach Wittenberg als räumliche Beschränkung im Sinne des § 12 AuslG zu werten ist. Denn unter einer räumlichen Beschränkung ist regelmäßig eine zur Aufenthaltsgenehmigung hinzutretende Anordnung zu verstehen, mit der der Ausländer aus Gründen, die in seiner Person oder seinem Verhalten oder den besonderen örtlichen Verhältnissen (z.B. Grenz- oder Notstandsgebiete, übermäßige Ansammlung von Ausländern) liegen, verboten wird, sich außerhalb des Teils des Bundesgebietes aufzuhalten, auf das der Aufenthalt beschränkt wird (vgl. Hailbronner, AuslR, § 12 Rn 5a, 6). So dürfte der Fall hier nicht liegen, vielmehr dürfte lediglich eine Wohnsitzänderung angeordnet worden sein.
Die rechtlichen Bedenken der Kammer gegen die Zuweisung bestehen selbst dann weiterhin, wenn die Zuweisung einer räumlichen Beschränkung des Aufenthalts (§ 12 AuslG) gleichkommen oder als Auflage zur Aufenthaltsbefugnis (§ 14 AuslG) verfügt worden sein sollte. Denn dann hätte der Antragsgegner in rechtswidriger Weise die mit dem Aufenthaltsstatus des Antragstellers einhergehenden Rechte völlig unberücksichtigt gelassen. Gemäß § 53 AsylVfG endet eine Verpflichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen, wenn wie hier ein Gericht festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen. Des weiteren hat nach Art. 26 GK und Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK der anerkannte Flüchtling grundsätzlich das Recht, sich innerhalb des Bundesgebietes ohne räumliche Beschränkung aufzuhalten und seinen Wohnsitz frei zu wählen. Aus der GK ergibt sich darüber hinaus, dass Beschränkungen des Aufenthaltsrechts ausschließlich auf Grundlage der Bestimmungen des AuslG zulässig sind, weil nur so dem Grundsatz, dass den räumlichen Aufenthalts beschränkende Bestimmungen allgemein für Ausländer unter den gleichen Bestimmungen Anwendung finden müssen, Rechnung zu tragen ist, woraus ein mittelbares Verbot für den Landesgesetzgeber folgt, weitere Beschränkungen zu regeln. Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass das AuslG keine Bestimmungen enthält, nach denen der Landesgesetzgeber ermächtigt wird, weitere räumliche Beschränkungen zu regeln.