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BSG B 14 EG 7/97 R v. 15.10.98, IBIS C1408, Vorlagebeschluss an EuGH



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BSG B 14 EG 7/97 R v. 15.10.98, IBIS C1408, Vorlagebeschluss an EuGH zum Anspruch auf Erziehungsgeld für Konventionsflüchtlinge (Entscheidung im Revisionsverfahren zu LSG NRW L 13 Kg 39/96 v. 22.8.97, IBIS C1394; vgl. auch BSG B 14 KG 19/97 R, InfAuslR 1999, 223 (nur Leitsatz)):
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem EuGH werden gemäß Art. 177 des Vertrages zur Gründung der EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die VO EWG 1408/71 auf Flüchtlinge und deren Familienangehörige, die einem Drittstaat angehören, anwendbar, wenn diese nach den Vertrag zur Gründung der EG v. 27.3.57 in der Fassung des Vertrages über die EU v. 7.2.92 kein Recht auf Freizügigkeit haben?

2. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist die VO EWG 1408/71 auch dann anwendbar, wenn ein als Arbeitnehmer tätiger Flüchtling und dessen Familienangehörige unmittelbar aus einem Drittstaat eingereist und innerhalb der Gemeinschaft nicht gewandert sind?



3. Wenn Frage 1 zu bejahen ist: Ist eine Familienleistung wie das Erziehungsgeld auch dem Ehegatten eines solchen Arbeitnehmers zu gewähren, der ebenfalls nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats besitzt und weder selbst Arbeitnehmer noch als Flüchtling anerkannt ist?
Sachverhalt: Die Klägerin ist algerische, ihr Ehemann und die Kinder marokkanische Staatsangehörige. Beide sind 1988 nach Deutschland eingereist und besaßen zunächst eine Aufenthaltsgestattung, seit Februar 1994 eine Aufenthaltsbefugnis (nur der Ehemann aufgrund einer Flüchtlingsanerkennung nach § 51 AuslG), und seit Mai 1996 eine Aufenthaltserlaubnis. Der Ehemann der Klägerin besitzt seit 1991 eine Arbeitserlaubnis. Den Lebensunterhalt bestreitet die Familie aus dem Arbeitseinkommen des Ehemannes sowie Kinder- und Wohngeld. Das LSG hatte Erziehungsgeld ab Rechtskraft der Flüchtlingsanerkennung zugesprochen.
Nach nationalem Recht ist die ablehnende Entscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Mit der seit 27.6.93 geltenden Neuregelung des § 1 Abs. 1a BErzGG bezweckte der Gesetzgeber, den Anspruch auf solche Ausländer zu begrenzen, von denen im Regelfall zu erwarten ist, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben werden, dies hat er allein bei einer Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung angenommen. Die Aufenthaltsbefugnis ist demgegenüber ein Aufenthaltstitel minderen Ranges, sie wurde vor allem für De-facto-Flüchtlinge geschaffen, deren Aufenthalt in Deutschland nur aus humanitären Gründen (z.B. Bürgerkrieg) geduldet wird (§§ 54, 55 AuslG).
Bei diesem eindeutigen gesetzlichen Willen scheidet eine ausdehnende Anwendung auf seit langer Zeit in Deutschland lebende Ausländer mit Aufenthaltsbefugnis ebenso aus wie eine diesen Personenkreis einbeziehende "verfassungskonforme Auslegung" des § 1 Abs. 1a BErzGG. Es besteht kein Anlass, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen um einen Entscheidung des BVerfG einzuholen. Der Ausschluss von Ausländern mit Aufenthaltsbefugnis ist verfassungsgemäß (so bereits BSG 14 REg 1/95 v. 6.9.95).
Ein Anspruch kann auch nicht aus der GK abgeleitet werden. Erziehungsgeld ist keine Leistung der öff. Fürsorge nach Art. 23 GK, es ist eine Leistung der sozialen Sicherheit nach Art. 24 Nr. 1 Buchst. b ii GK, wobei dort eine Inländergleichbehandlung "vorbehaltlich besonderer Bestimmungen, die Leistungen oder Teilleistungen betreffen, die ausschließlich aus öff. Mitteln bestritten werden, sowie für Zuwendungen an Personen, die nicht die für die Gewährung einer normalen Rente geforderte Beitragsleistung erfüllen" vorgesehen ist. Beim ErzG, das ausschließlich aus Steuern finanziert wird, sind demnach besondere Bestimmungen für Ausländer oder für anerkannte Flüchtlinge zulässig.
Für die begehrte Gleichstellung kommt auch das Kooperationsabkommen EWG-Marokko nicht in Betracht, wonach marokkanische Arbeitnehmer hinsichtlich der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen gegenüber Inländern nicht benachteiligt werden dürfen. Das BSG hat keinen Zweifel, dass es sich beim ErzG um eine "Familienzulage" im Sinne des Abkommens handelt und ein Anspruch nach dem Abkommen deshalb auch von der nicht berufstätigen Ehefrau geltend gemacht werden kann (vgl. EuGH, InfAuslR 1997, 5). Das Abkommen findet aber keine Anwendung auf Personen, die nicht als Arbeitnehmer, sondern als Flüchtling nach Deutschland kommen. Art. 1 nennt als Ziel des Abkommens die Förderung der globalen Zusammenarbeit der Vertragsparteien, um zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Marokkos beizutragen. Bei verständiger Würdigung dieser Ausgangslage konnte es keinen Regelungsbedarf für die sozialen Rechte von Personen geben, die als Flüchtlinge aus Marokko nach Deutschland kommen. Der Senat hat über diese Auslegung des europ. Vertragsrechts keine Zweifel und deshalb davon abgesehen, den EuGH zu bitten, auch darüber zu entscheiden.
Nach Art. 3 Abs. 1 VO 1408/71 stehen Flüchtlinge im Sinne der GK sowie deren Familienangehörige (Art 1 Buchst d und Art 2 Abs. 1 VO 1408/71), soweit die Flüchtlinge Arbeitnehmer oder Selbständige sind, den Staatsangehörigen des Wohnstaats hinsichtlich des Anspruchs auf Familienleistungen, zu denen auch das Erziehungsgeld gehört, gleich (EuGH, InfAuslR 1997, 5). Der Anspruch wäre begründet, wenn alle im Tenor des Beschlusses genannten Fragen bejaht werden müssten.
Zu Frage 1: Die VO 1408/71 sieht dem Wortlaut nach die uneingeschränkte Gleichbehandlung von Flüchtlingen mit Unionsbürgern im Bereich der sozialen Sicherheit vor. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Einbeziehung von Flüchtlingen von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist, denn die Vorschriften der VO "gehören zur Freizügigkeit von Personen und sollen zur Verbesserung von deren Lebensstandard und Arbeitsbedingungen beitragen" (Präambel der VO, Gründe Abs. 1). Das Recht auf Freizügigkeit besitzen jedoch nur Unionsbürger (Art 8, 8a EGV). Flüchtlinge besitzen ein solches Recht nicht, ihr Aufenthaltsrecht richtet sich allein nach den nationalen Ausländergesetzen. Der Rat der EU hat nicht das Recht, den Anwendungsbereich der von ihm erlassenen VO über den von der Ermächtigungsgrundlage bestimmten Personenkreis (Art 51 EGV) auszuweiten. Gemäß Art. 235 EGV erlässt der Rat allerdings ferner "geeignete Vorschriften", wenn ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich ist, um im Rahmen des gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen, und im EGV die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind. Der EuGH wird zu entscheiden haben, ob diese Ermächtigung die in der VO getroffene Regelung legitimiert.
Sofern Frage 1 vom EuGH bejaht wird, kommt es für den Anspruch der Klägerin auch auf Frage 2 an. Es ist entscheidungserheblich, ob die Gleichstellungsregelung des Art. 2 und 3 der VO 1408/71 auch gilt, wenn ein Flüchtling aus einem Drittstaat in die EU eingereist und innerhalb der EU nicht gewandert ist, also kein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist. Das BSG (10 RKg 8/96 v. 3.12.96) hat für den Bereich des Kindergeldes diese Frage in Anlehnung an die bisherige Rspr. des EuGH verneint. Allerdings betraf die bisherige Rspr. des EuGH stets Fälle, die nicht Flüchtlinge i.S. der GK waren. Insoweit besteht Klärungsbedarf, zumal die Europ. Kommission in einem Schreiben vom 5.3.98 an das Berufungsgericht die - allerdings als ihre persönliche Meinung gekennzeichnete - Auffassung vertreten hat, der Begriff des Flüchtlings i.S.d. VO 1408/71 umfasse auch Personen, die nur Berührung mit dem Recht eines Mitgliedsstaates haben (Anmerkung: vgl. das inhaltsgleiche Schreiben der Europ. Kommission vom 23.3.98 an RA Rainer Hofmann Aachen, IBIS C1410).
Sofern auch Frage 2 vom EuGH bejaht wird, kommt es für den Anspruch der Klägerin auch auf Frage 3 an. Der EuGH hat entschieden, dass es gemeinschaftsrechtlich nicht darauf ankomme, welcher Familienangehörige nach den nationalen Vorschriften die Familienleistungen beanspruchen könne (EuGH, InfAuslR 1997, 5). Es stellt sich die Frage, ob diese Rspr. auf eine Fallkonstellation übertragbar ist, in der beide Partner Drittstaatsangehörige sind und die Familienleistung von der Ehefrau beansprucht wird, die selbst weder Arbeitnehmerin noch anerkannter Flüchtling ist.

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