FG Münster 4 K 6362/98 Kg, U.v. 23.10.00 (rechtskräftig), mit Anmerkung E. Siegers, EFG 2001, 82; IBIS C1612. KG ist bei erneutem Antrag nach vorangeganger bestandskräftiger Ablehnung (sogenanntem Nullbescheid) auch rückwirkend zu gewähren, jedoch nicht über das Datum des bestandskräftigen Nullbescheides hinaus. Der Nullbescheid wirkt nur für die Vergangenheit, nicht für die Zukunft.
§ 70 Abs. 3 EstG, der eine Neufestsetzung nur mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe einer Neufestsetzung folgenden Monats zulässt, ist in Fällen dieser Art nicht einschlägig. Dem Wortlaut nach bezieht sich § 70 Abs. 3 nur auf die Änderung einer zuvor erfolgten materiell fehlerhaften KGfestsetzung, nicht hingegen auf einen Ablehnungsbescheid oder sog. Nullbescheid. Auch der Gesetzeszweck des § 70 Abs. 3 steht einer Anwendung in Fällen der vorliegenden Art entgegen. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 13/3084, S. 73) soll durch § 70 Abs. 3 vermieden werden, dass die Familienkasse ggf. über einen Zeitraum von vielen Jahren an eine als fehlerhaft erkannte KGfestsetzung gebunden bleibt. Dieser Gesetzeszweck, nämlich der Schutz der Behörde davor, an eine zu Unrecht erfolgte positive KGgewährung mit Wirkung für die Zukunft gebunden zu bleiben, spricht nicht dafür, die Vorschrift auch zu Lasten des Steuerpflichtigen dahingehend anzuwenden, ihm zu Unrecht versagtes KG vorzuenthalten. Entscheidend gegen eine Anwendung des § 70 Abs. 3 in Fällen, in denen es um eine Änderung des KGbescheids zu Gunsten des KGberechtigten geht, spricht auch die Tatsache, dass das KG dazu dient, das Existenzminimum des Kindes von der Besteuereung freizustellen. Stellt sich heruas, das einem KG berechtigten zu Unrecht KG nicht bewilligt worden ist, so gebietet es der von Verfassung wegen zu beachtende Grundsatz der Freistellung des Existenzminimums, diese Tatsache auch rückwirkend zu berücksichtigen (Tiedchen, DStZ 2000, 237).