SG Berlin, S 53 AL 5568/99 ER v. 23.12.99 u. v. 11.01.00, bestätigt durch LSG Berlin L 10 B 8/00 AL ER v. 13.01.00; InfAuslR 2000, 297; IBIS e.V. C1511 www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/C1511
Sachverhalt: Der angolanische Antragsteller reiste im August 1990 nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Wegen der Ablehnung des Asylantrags ist ein Verfahren beim VG anhängig. Seine Ehefrau und die drei Kinder reisten im August 1991 nach Deutschland ein. Für die Ehefrau lehnte das Arbeitsamt einen Antrag auf Arbeitserlaubnis als Reinigungskraft im August 1999 mit Blick auf die Arbeitsmarktlage ab. Ein Sohn macht eine Ausbildung als Gärtner und hat hierfür eine Arbeitserlaubnis erhalten.
Der Antragsteller arbeitet seit Oktober 1994 als Reinigungskraft bei der Firma G, hierfür wurde ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt und regelmäßig verlängert, zuletzt am 6.8.99 bis zum 21.12.99. Den Antrag auf Verlängerung darüber hinaus lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 26.11.99 ab, da bevorrechtigte Arbeitnehmer in ausreichender Anzahl zur Verfügung stünden. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein. Die Versagung der Erlaubnis stelle eine außergewöhnliche Härte dar. Das Arbeitsamt habe die Erlaubnis über Jahre hinweg immer wieder verlängert, er müsse durch das erzielte Einkommen nur ergänzende Sozialhilfe in Anspruch nehmen und falle dem Staat sowenig wie möglich zur Last. Durch die Verweigerung der Erlaubnis bestünde die Gefahr, dass er seine Arbeitsstelle verliere. Das Arbeitsamt nehme ihm so die Möglichkeit, im Rahmen der von der IMK am 19.11.99 beschlossenen Altfallregelung eine Aufenthaltserlaubnis zu erlangen.
Das SG hat das Arbeitsamt am 23.12.99 im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, bis zur Bescheidung des Widerspruchs eine Arbeitserlaubnis zu erteilen.
Gründe (Beschluss v. 23.12.99): Eine Arbeitserlaubnis kann unter den Voraussetzungen des § 285 Abs. 1 Satz 1 SGB III erteilt werden. Zweifelhaft erscheint bereits, ob das Arbeitsamt die Tatbestandsvoraussetzung des § 285 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 (fehlende Verfügbarkeit deutscher sowie rechtlich gleichgestellter Arbeitsuchender für die Beschäftigung) ohne nähere Erläuterung verneinen kann. Dies vor dem Hintergrund, dass sie noch im August 1999 zu einer anderen Bewertung gelangt war. Es ist nicht ersichtlich, dass sich das Bewerberangebot im Bereich der Reinigungskräfte in derartig kurzer Zeit erheblich verändert hätte.
In jedem Fall erfüllt der Antragsteller jedoch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ArGV (besondere Härte). Für das Vorliegen einer besonderen Härte können dabei im besonderen Gesichtspunkte der sozialen Integration sprechen. Im vorliegenden Fall spricht für den Integrationswillen des Antragstellers , das er seit mehreren Jahren eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübt und damit bereits Anwartschaften aus der deutschen Sozialversicherung (u.a. im Bereich der Arbeitsförderung) erworben hat. Eines seiner Kinder befindet sich zudem mit Erlaubnis des Arbeitsamtes in einer Ausbildung. Insoweit kommt zum tragen, dass Art. 6 GG grundsätzlich auch ausländische Familien schützt, die ihren ständigen Aufenthalt im Inland haben.
Ein Anordnungsgrund besteht ebenfalls, da die Besorgnis besteht, dass der Antragsteller seinen Arbeitsplatz unwiederbringlich verliert bzw. einen besseren aufenthaltsrechtlichen Status unter Berücksichtigung der "Altfallregelung" ansonsten nicht erreichen kann.
Sachverhalt: Mit Bescheid vom 27.12.99 hat das Arbeitsamt den Widerspruch gegen die Versagung der Arbeitserlaubnis zurückgewiesen. Für eine Vollzeitbeschäftigung stünden 10410, für eine Teilzeitbeschäftigung 2082 bevorrechtigte Arbeitnehmer zur Verfügung. Eine besondere Härte liege nicht vor. Das Angewiesensein auf eine Sozialhilfe, selbst die Gefahr eine Ausweisung bei Ablehnung der Arbeitserlaubnis begründe noch keine besondere Härte. Ein langjähriger Inlandsaufenthalt rechtfertige nur dann eine Härte, wenn er zu wirtschaftlicher und sozialer Integration geführt habe und damit zum Unvermögen, in der Heimat noch eine hinreichende Existenz begründen zu können. Dass diese Voraussetzungen beim Antragsteller erfüllt sein, sei nicht zu erkennen.
Gegen den Beschluss hat das Arbeitsamt zudem am 28.12.99 Beschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses verfolgt, und sich zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid bezogen. Ferner hat das Arbeitsamt die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses beantragt.
Ebenfalls am 28.12.99 hat der Antragsteller Klage gegen den Widerspruchsbescheid erhoben sowie erneut eine einstweilige Anordnung beantragt. Zudem hat der Antragsteller am 10.1.99 ebenfalls gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt, mit der er sich gegen die Beschränkung der Verpflichtung des Arbeitsamtes auf die Zeit bis zur Entscheidung über den Widerspruch wendet. Das SG sei offensichtlich davon ausgegangen, dass das Arbeitsamt nicht über die Weihnachtsfeiertage in außergewöhnlicher Eile und ohne Berücksichtigung der Gründe des Beschlusses vom 23.12.99 über den Widerspruch entscheiden werde.
Das SG verpflichtete das Arbeitsamt am 11.01.00 in Abänderung seines Beschlusses vom 23.12.99, dem Antragsteller bis zur Verkündung einer erstinstanzlichen Entscheidung bzw. bis zur sonstigen erstinstanzlichen Erledigung der Hauptsache die beantragte Arbeitserlaubnis zu erteilen.
Gründe des Beschlusses vom 11.01.00: Der Beschwerde des Arbeitsamtes war nicht abzuhelfen. Im besonderen stellt sich auch unter Berücksichtigung des Widerspruchsbescheides weiterhin die Frage, aus welchem Grund dann nicht bereits früher Arbeitserlaubnisse mit Blick auf den Bestand an vorrangigen Bewerbern verweigert worden sind. Es ist weiter nicht zu erkennen, dass sich die Arbeitsmarktsituation bei den Reinigungskräften kurzfristig derart erheblich geändert hätte. Unter diesen Umständen stellt sich die weitere Frage, ob das Arbeitsamt nicht jedenfalls die im August 1999 erteilte Arbeitserlaubnis nur unter dem Gesichtspunkt der besonderen Härte begründen konnte. Dann aber würde sie im Rahmen der jetzt streitigen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für den Antragsteller das weitere Vorliegen eine besonderen Härte kaum verneinen können.
Das LSG hat am 13.01.00 den Beschluss des SG vom 23.12.99 in der Fassung des Beschlusses vom 11.01.00 "aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung" bestätigt.
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