VG Augsburg Au 6 S 02.1065, B.v. 13.11.02, IBIS M2830, Asylmagazin 2003, 36. www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/docs/M2830pdf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen ein zur Duldung verfügtes, mit Sofortvollzug versehenes ausländerbehördliches Arbeitsverbot für einen Vietnamesen, dessen Abschiebung trotz Mitwirkung durch Weigerung der vietnamesischen Behörden, Passersatzpapiere auszustellen, gescheitert war.
Mit der Duldung verfügte Auflagen sind isoliert anfechtbar (Bay VGH 10 ZE 99.2606 v. 09.09.99; GK AuslR § 56 Rn 42, 44). Umstritten ist, ob es sich um Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung handelt (Art. 21 a VwZVG), so dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ausgeschlossen wäre, wenn sie nicht vom Gericht gem. § 80 Abs. 5 VwGO angeordnet wird. Nachdem jedoch vorliegend die Behörde den Sofortvollzug angeordnet hat, entfällt ungeachtet dieser Streitfrage die aufschiebende Wirkung der Klage, der Antrag nach § 80 V VwGO ist demgemäß statthaft.
Grundsätzlich kann die Ausländerbehörde die Duldung mit dem Verbot der Erwerbstätigkeit versehen (§ 56 Abs. 3 AuslG). In Rahmen ihres Ermessens kann sie den Aufenthalt des geduldeten Ausländers so ausgestalten, dass eine die spätere Entfernung aus dem Bundesgebiet hindernde Integration vermieden wird (BverwG 1 B 14/90 v. 28.12.90). Das Arbeitsverbot kann auch eingesetzt werden, um den Ausländer nach erfolglosem Asylverfahren zur freiwilligen Rückkehr anzuhalten. Allerdings sind dabei die öffentlichen Interessen und die privaten Interessen des Ausländers unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles angemessen abzuwägen (VGH Bayern 10 ZB 00.1223 v. 16.05.00). Der der genannten Entscheidung des BVerwG noch zugrunde liegende Gesichtspunkt, dass durch das Asylverfahren kein ungferegleter Zustrom von Ausländern geschaffen werden soll, lässt sich seit Aufhebung des generellen Arbeitsverbotes (Einführung § 61 AsylVfG zum 27. Juli 1993 an Stelle des § 20 Abs. 2 AsylVfG a.F.) nicht mehr uneingeschränkt übernehmen. Gemäß § 5 Nr. 5 ArGV dürfen auch Ausländer mit Duldung arbeiten, es sei denn sie erfüllen einen Tatbestand nach § 1a AsylbLG. Dieser gesetzlichen Hintergrund zeigt, dass das Arbeitsverbot für Asylbewerber in weiten teilen gefallen ist, eine arbeitsmarktpolitische Begründung ohne nähere Spezifizierung vermag somit ein Arbeitsverbot nicht mehr zu rechtfertigen (GK AuslR, § 56 Rn 16; Renner, § 56 AuslG Rn 8).
Bei abgelehnten, wegen Unmöglichkeit der Abschiebung über mehrere Jahre geduldeten Asylbewerbern sind unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde und der Verhältnismäßigkeit zeitliche Grenzen für ein Verbot der Erwerbstätigkeit gesetzt. Diese Ausländer dürfen nicht generell zur Untätigkeit verdammt und damit einer eigenverantwortlichen Lebensführung entwöhnt werden, anderenfalls würden sie zum Objekt staatlicher Fürsorgeleistungen degradiert, obwohl § 1 Abs. 2 BSHG die Aufgabe der Sozialhilfe dahingehend umschreibt, dem Empfänger nicht nur die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht, sondern ihn mittels der Hilfe zu befähigen, unabhängig von ihr zu leben (vgl. GK AuslR, § 56 RdNr. 17).
Am von der Ausländerbehörde behaupteten Vorliegen eines Tatbestandes nach § 1a AsylbLG bestehen erhebliche Zweifel. Keinesfalls erscheint es ermessensgerecht, dem Antragsteller vorzuhalten, es sei noch nicht erwiesen, dass die der Botschaft zur Passbeschaffung vorgelegten Unterlagen von ihm korrekt ausgefüllt worden seien. Grundrechtsrelevante Beschränkungen der vorliegenden Art können nur mit gesicherten Erkenntnissen begründet werden. Dass der Antragsteller möglicherweise des öfteren untergetaucht ist – was die Antragsgegnerin offensichtlich annimmt, wenn sie den Antragsteller nicht in der Unterkunft angetroffen hat, wenn er seine Essenspakete nicht abgeholt hat oder er einer Pflicht zur behördlichen Vorsprache nicht nachgekommen ist – kann das Erwerbstätigkeitsverbot ebenfalls nicht begründen. Vielmehr ließe sich damit allenfalls das Gebot der Wohnsitznahme begründen. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass beim Antragsteller aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können.
Auch die räumliche Beschränkung (Stadt … und Landkreis …) ist nicht ermessensgerecht begründet. Da er während seiner Arbeitszeit ohnehin nur eingeschränkt für die Behörde erreichbar sein dürfte, kann es für die Frage der Überwachung und des schnellen Zugriffs durch die Behörde nicht ausschlaggebend darauf ankommen, ob der Antragsteller als Pendler oder als Ortsansässiger seiner Erwerbstätigkeit nachgeht.
Das Interesse des Antragstellers an einer aufschiebenden Wirkung seiner Klage ist deshalb zu bewerten als das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Auflagen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht absehbar ist, wann das Abschiebungshindernis beseitigt werden kann, da dies nicht allein in der Hand des Antragstellers liegt. Nachdem sein Asylverfahren seit 1998 rechtskräftig abgeschlossen ist, ist auch angesichts des Zeitablaufs das Interesse des Antragstellers an der Arbeitsaufnahme auch außerhalb seines Wohnortes zum jetzigen Zeitpunkt höher zu bewerten als das entgegenstehende öffentliche Interesse.
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